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Wahl-Dossier Indonesien – 1 –

Indonesien vor den Wahlen – Teil 1

 

Im April 2019 wird in Indonesien gewählt. Dabei wird nicht nur entschieden, wer das Präsidentenamt bis 2024 übernimmt. Am gleichen Tag finden auch die Parlamentswahlen statt. Lesen Sie dazu ein Dossier in zwei Teilen. Im ersten Part geht es zunächst um eine historische Einordnung und Informationen zum Wahlsystem. 

von Manfred Fenner

 

Bilder der Präsidentschaftskandidaten und der Kandidaten für die Vizepräsidentschaft; Quelle: mit freundlicher Genehmigung von PPLN Berlin / KPU 

 

 

 


 

Im Zentrum der Aufmerksamkeit der kommenden Wahlen steht – nicht nur im Ausland, sondern auch in Indonesien selbst – die Präsidentschaftswahl, bei der sich wieder die gleichen Kandidaten wie 2014 gegenüberstehen: Auf der einen Seite Joko Widodo (»Jokowi«), der amtierende Präsident, der eine zweite (und letzte) Amtszeit anstrebt, und auf der anderen Seite Prabowo Subianto, der ihm vor fünf Jahren unterlegen war und damals seine Niederlage erst spät eingeräumt hatte.

 

Um das, was in den kommenden Monaten in Indonesien auf der politischen Agenda steht, zu verstehen, werden zunächst einige Fakten zu den Wahlen in Indonesien seit Beginn der »Reformasi« in Erinnerung gerufen. Dazu gehören Veränderungen im Wahlrecht. Erst danach wird in einem zweiten Beitrag, ausgehend von den Wahlen vor fünf Jahren, über politische Entwicklungen, Parteienbündnisse und Koalitionen sowie über den bisherigen Wahlkampf informiert.

 

Indonesien befindet sich diesmal nicht nur in einem »Superwahljahr«, sondern bereitet sich auf einen »Superwahltag« vor. Wahlen stellen in so einem großen und bevölkerungsreichen Land wie Indonesien immer eine logistische Herausforderung dar. Das gilt erst recht, wenn man sich vor Augen führt, über was die Wählerinnen und Wähler am 17. April abstimmen. Da ist zum einen die Präsidentschaftswahl, das »Duell« zwischen Jokowi und Prabowo. Daneben finden am gleichen Tag Parlamentswahlen statt, und zwar nicht nur für das nationale Parlament (DPR / Dewan Perwakilan Rakyat), sondern auch für die Volksvertretungen auf Provinzebene (DPRD I / Dewan Perwakilan Rakyat Daerah) und auf Distrikt- bzw. Stadtebene (DPRD II). Daneben wird auf nationaler Ebene noch eine zweite Kammer mit Vertretern der Provinzen (DPD / Dewan Perwakilan Daerah) gewählt. Insgesamt fünf Wahlen werden zum gleichen Zeitpunkt landesweit durchgeführt. Nur die PILKADA (Pemilihan Kepala Daerah), die Wahlen der Gouverneure, Distriktvorsteher (Bupati) und Bürgermeister finden zu anderen Zeiten statt.

 

Seit den Verfassungsreformen von 2002 hat das Land viele Erfahrungen mit diesen Herausforderungen sammeln können. So werden beispielsweise seit 2004 Präsident und Vizepräsident direkt gewählt. Es ist also die vierte Direktwahl, die nun ansteht. Dennoch betritt Indonesien diesmal Neuland, denn bis 2014 fanden die Wahlen zur Legislative drei Monate vor der Präsidentschaftswahl statt.

 

Wie groß die logistische Herausforderung ist, die mit landesweiten Wahlen verbunden ist, machen einige Zahlen aus dem Jahr 2014 deutlich. Damals betrug die Zahl der Wahlberechtigten 181.139.037. Es standen im ganzen Land 516.137 Wahllokale zur Verfügung. Es gab 77 Wahlbezirke für die Wahl zum nationalen Parlament (pro Wahlbezirk wurden je nach Einwohnerzahl 3-10 Sitze vergeben). Damals kandidierten insgesamt 6607 Kandidaten für die insgesamt 560 Parlamentssitze. Zählte man die Kandidaturen für die zweite Kammer (DPD) und für die regionalen Parlamente (DPRD I und DPRD II) mit, kandidierten mehr als 200.000 Personen für 16.895 Sitze.

 

Bei den kommenden Wahlen geht die nationale Wahlkommission von insgesamt 185.639.674 Wahlberechtigten aus. Da die Zahl der Wahlberechtigten pro Wahllokal reduziert wurde, findet die Wahl diesmal in 801.838 Wahllokalen statt.

 

Wahlen vor und nach Beginn der Reformasi

 

Vor der Reformasi hatte Indonesien nur wenige Erfahrungen mit freien und demokratischen Wahlen sammeln können. Zum ersten Mal wurde ein Parlament im Jahre 1955 gewählt – für lange Zeit die einzige demokratische Wahl. Die sechs Wahlen in der Soeharto-Zeit (1971, 1977, 1982, 1987, 1992 und 1997) verdienen nicht diese Bezeichnung, da aufgrund von Druck und Manipulationen de facto im Voraus feststand, dass Golkar (Golongan Karya), die neue Machtmaschine des Regimes, gewinnen würde. Zwar gab es 1971 noch einige der alten Parteien. Die PKI (Partai Komunis Indonesia), die bei den Wahlen von 1955 als vierstärkste Partei noch 16 % der Stimmen erhalten hatte, existierte aber nicht mehr, nachdem sie 1965 verboten worden war. Viele ihrer Mitglieder und Sympathisanten wurden Opfer von Massakern und politischer Verfolgung im Verlauf des blutigen Machtwechsels im Oktober 1965. Die PNI (Partai Nasional Indonesia), stärkste Partei der Wahlen von 1955, verlor zunehmend an Bedeutung, nachdem es Golkar gelungen war, zur neuen dominierenden Kraft im Parlament zu werden. Ganz offensichtlich wurde das ab Mitte der siebziger Jahre, nachdem nur noch zwei als Ergebnis von erzwungenen Fusionierungen neu gebildete Parteien und Golkar an Wahlen teilnehmen konnten. In der PPP (Partai Persatuan Pembangunan) wurden alle islamischen Parteien zusammengeschlossen, in der PDI (Partai Demokrasi Indonesia) nationalistische und christliche Parteien. Nur Golkar, nach damaligem eigenem Selbstverständnis keine politische Partei, war es gestattet, auch auf lokaler Ebene Organisationsgliederungen zu unterhalten. Außerdem waren alle staatlichen Beamten über ihre Vereinigung KORPRI (Korps Pegawai Republik Indonesia) automatisch Golkar-Angehörige.

 

Der Präsident wurde damals nicht direkt gewählt, sondern dessen Wahl erfolgte über die Beratende Volksversammlung (MPR / Majelis Permusyarawatan Rakyat), der neben den Parlamentsabgeordneten (zu denen auch ernannte Mitglieder der Streikräfte gehörten) – ebenfalls ernannte – Vertreter gesellschaftlicher Gruppen angehörten

 

Nach dem Sturz Soehartos im Mai 1998 erfolgte unter Habibie, der als Vizepräsident Soehartos dessen Nachfolge als Präsident antrat, eine Liberalisierung, die nicht ohne Auswirkungen auf die kommenden Wahlen blieb. Zunächst einmal wurde die Neugründung von Parteien erlaubt. Mehr noch: Nun durften sich die Parteien auch ideologisch und nicht nur in programmatischen Nuancen voneinander unterscheiden, und Golkar musste zu einer »normalen« politischen Partei werden wie alle anderen Parteien auch, um an den Wahlen teilzunehmen. Bei den ersten Wahlen nach der Reformasi im Juni 1999 standen 48 Parteien auf dem Stimmzettel.

 

In den fünfziger Jahren unterschieden sich die Parteien in Indonesien zum einen ideologisch voneinder. Es gab das nationalistische Lager, zu dem die PNI gehörte, die durch den ersten Präsidenten Soekarno entscheidend mitgeprägt wurde. Außerdem spielte damals auch auch die PKI eine wichtige Rolle, die nach dem 30. September 1965 und den oft beschriebenen folgenden Massakern vernichtet wurde. Islamische Massenorganisationen wie die NU (Nahdlatul Ulama) verstanden sich auch als Partei. Es gab mehrere islamische Parteien, die unterschiedliche Flügel repräsentierten. Fast alle Parteien verfügten damals um einen »Unterbau« mit sozialen Organisationen. In der Soeharto-Ära (vor allem nach der erzwungenen »Vereinfachung des Parteiensystem«) gab es diesen Unterbau für die beiden verbliebenen Parteien nicht mehr. 

 

Seit der Reformasi scheint es manchmal auf den ersten Blick so zu sein, dass zumindest die klassische Dichotomie (islamisch versus nationalistisch) eine Zuordnung der Parteien erlaubt. Die PDI-P (Partai Demokrasi Indonesia Perjuangan), aber auch Golkar u.a. Parteien, werden in diesem Schema auf der nationalistischen, hingegen Parteien wie die PKS (Partai Keadilan Sejahtera), die PPP (Partai Persatuan Pembangunan), die PKB (Partai Kebangkitan Bangsa) und die PAN (Partai Amanat Nasional) auf der religiösen (islamischen) Seite des Parteienspektrums eingeordnet. In der Realität ist diese Einordnung nur bedingt hilfreich, zumal auch »nationalistische« Parteien islamische Flügel haben. 

 

Außerdem sind einige der Parteineugründungen als politische Apparate von Persönlichkeiten gegründet worden. Die Partei Demokrat des ersten direkt gewählten Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) ist nur ein Beispiel. Auch die Gerindra (Gerakan Indonesia Raya) ist im Grunde ein politisches Vehikel von Prabowo. Nicht nur hier ersetzen Leitfiguren Ideologien. Dies wird auch deutlich, wenn man sich viele Parteienbündnisse auf regionaler und lokaler Ebene anschaut.

 

Die Verfassungsänderungen von 2002 wurden erst 2004 wirksam, so dass zunächst einmal Präsident und Vizepräsident weiterhin von der MPR gewählt wurde. Auch die Streitkräfte hatten noch garantierte Sitze im Parlament erhalten. Habibies unmittelbarer Nachfolger wurde Abdurrahman Wahid (Gus Dur), der jedoch 2001 von der MPR abgesetzt und durch seine Vizepräsidentin Megawati (PDI-P) ersetzt wurde.

 


Anmerkungen:

 

Era Reformasi = Es geht um die Zeit nach dem Fall des Suharto-Regimes 1998 und dem Beginn von demokratischen Prozessen in der indonesischen Gesellschaft. Die Post-Suharto-Zeit wird gemeinhin auch als gerakan reformasi bezeichnet.                                            

                                                       

  

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Direkte Präsidentschaftswahlen (Pilpres) ab 2004

 

Im Jahr 2004 fanden dann insgesamt drei nationale Wahlen statt: Zunächst im April die Wahlen für die legislativen Vertretungen, danach drei Monate später die erste Runde der Präsidentschaftswahlen und dann - da keines der fünf Kandidatenpaare die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht hatte - im September eine zweite Runde zwischen der Amtsinhaberin Megawati und ihrem ehemaligen Sicherheitsminister Susilo Bambang Yudhoyono (SBY), aus der dieser schließlich als Sieger hervorging.

  

Im Zusammenhang mit Wahlen haben sich in Indonesien Abkürzungen eingebürgert, die zur Vereinfachung im Folgenden auch verwendet werden.

 

  • Generell bezeichnet man Allgemeine Wahlen als PEMILU (Pemilihan Umum.
  • Ein Wahllokal ist ein TPS (Tempat Pemungutan Suara), ein Wahlbezirk heißt DAPIL (Daerah Pemilihan).
  • Für Wahlen zu legislativen Vertretungen (auf allen Ebenen) wird meist die Bezeichnung PILEG (Pemilihan Legislatif) verwendet.
  • Die Präsidentschaftswahlen heißen im allgemeinen Sprachgebrauch PILPRES (Pemilihan Presiden).
  • Auch die Gouverneure, Bupati und Bürgermeister werden direkt gewählt (allerdings nicht zum Zeitpunkt der bevorstehenden Wahlen). Diese Wahlen bezeichnet man als PILKADA (Pemilihan Kepala Daerah).
  • Die politischen Parteien sind die PARPOL (Partai Politik).
  • Die Kandidaten/Kandidatinnen bei der Wahl von legislativen Vertretungen sind die CALEG (Calon Legislatif).
  • Die Kandidaten/Kandidatinnen für das Präsidentenamt sind die CAPRES (Calon Presiden).
  • Die Kandidaten/Kandidatinnen für das Vizepräsidentenamt sind die CAWAPRES (Calon Wakil Presiden).
  • CAPRES und CAWAPRES bilden ein Paar, denn über sie wird ja im Paket abgestimmt. Bei einer PILPRES stehen also immer PASLON (Pasangan Calon), Kandidatenpaare, zur Wahl.

  

Zur Abstimmung stand (und steht bis heute) jeweils ein Kandidatenpaar (PASLON) für die Ämter des Präsidenten und des Vizepräsidenten, das von den politischen Parteien oder von Parteienbündnissen vorgeschlagen wird. 2004 reichte es aus, dass eine Partei oder ein Parteienbündnis bei den vorausgegangenen Parlamentswahlen mindestens 5 % der Stimmen (oder 3 % der Parlamentssitze) erreicht haben musste, um Kandidaten aufzustellen. Dieses Quorum war leicht zu erfüllen, deshalb gab es damals fünf PASLON.

 

Ab 2009 gilt erheblich höheres Quorum (»Presidential Treshold«): Nunmehr können nur Parteien oder Parteienbündnisse, die mindestens 20 % der Stimmen (oder 25 % der Sitze) auf sich vereinigen, Kandidaten vorschlagen. Dementsprechend gab es 2009 nur drei PASLON. Folge war, dass eine zweite Runde entfallen konnte, da der Amtsinhaber (SBY) in der ersten Runde schon mit über 60 % gewählt war. Bei den Präsidentschaftswahlen von 2014 war sogar aufgrund von nur zwei Kandidaturen von Beginn an klar, dass es keine zweite Runde geben würde.

 

Bis 2014 fanden die PILEG drei Monate vor der PILPRES statt, so dass die offiziellen Kandidaturen erst erfolgen konnten, nachdem dieses Ergebnis feststand. Ein Urteil des Verfassungsgerichtes veränderte die Situation für die kommenden Wahlen insofern, dass ab 2019 diese Wahlen gleichzeitig stattfinden müssen. Da in einem anderen Urteil das Quorum (»Presidential Treshold«) ausdrücklich als zulässig erklärt wurde, entscheidet das Ergebnis der jeweils vorausgegangen Parlamentswahl darüber, welche Parteien/Parteienbündnisse zur Kandidatenaufstellung berechtigt sind. Der Zeitplan der nationalen Wahlkommission (KPU / Komisi Pemilihan Umum) wurde an diese neue Situation angepasst, so dass die Kandidaturen bereits bis zum 10. August 2018 angemeldet werden mussten.

 

Die Amtszeit von Präsident und Vizepräsident ist übrigens begrenzt. Eine Periode dauert fünf Jahre, eine Wiederwahl ist nur einmal möglich. Dementsprechend erfolgt mindestens alle zehn Jahre ein Amtswechsel.

 

Parlamentswahlen

 

Das Ergebnis der Wahl zum nationalen Parlament im kommenden April hat also direkte Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahl des Jahres 2024, denn vom Kräfteverhältnis der Parteien im neuen Parlament hängt ab, welche Partei in fünf Jahren einen Kandidaten aufstellen kann bzw. welche Parteibündnisse und Koalitionen dazu nötig sind. In der laufenden Legislaturperiode hatte keine der Parteien genügend Stimmen bzw. Parlamentssitze erhalten, auch der Stimmenanteil der stärksten Fraktion (PDI-P) erfüllte mit knapp 19 % nicht den »Presidential Treshold«.

 

Neben dem »Presidential Treshold« gibt es noch eine wichtige andere Hürde, die Parteien nehmen müssen, um überhaupt ins Parlament zu kommen. Bei den Wahlen 2014 gab es eine 3,5-Prozent-Hürde, an der damals zwei der zwölf nationalen Parteien, die an der Wahl teilnahmen, scheiterten. Im kommenden April muss eine Partei mindestens vier Prozent erreichen.

 

Verglichen mit den ersten Parlamentswahlen nach der Reformasi hat sich auch die Anzahl der Parteien reduziert, die überhaupt an den Wahlen teilnehmen können. Damals standen 48 Parteien auf den Stimmzetteln. Inzwischen gibt es eine Reihe formaler Kriterien, die wahlteilnehmende Parteien erfüllen müssen. Dazu gehören u.a. die Präsenz in allen Provinzen und mindestens 75 % der Distrikte (Kabupaten) bzw. distriktfreien Städte und entsprechende Organisationsstrukturen. Die Angaben der Parteien werden detailiert von der nationalen Wahlkommission überprüft. Insgesamt wurden nach dieser Verifikation zunächst vierzehn Parteien zur kommenden Wahl zugelassen, zwei weitere später nach erfolgreicher Anfechtung ihrer ursprünglichen Ablehnung. In Aceh sind aufgrund des Friedensvertrages von 2005 auch lokale Parteien für die regionalen Parlamentswahlen zugelassen, so dass es 2019 insgesamt zwanzig wahlteilnehmende Parteien gibt:

 

 

Parteilogos, diei nummerische Reihenfolge wurde im Losverfahren entschieden. Die Parteien 15-18 sind lokale Parteien aus Aceh. Die Parteien 19-20 wurden erst nach erfolgreichen Einsprüchen zugelassen; Quelle: mit freundlicher Genehmigung von PPLN Berlin / KPU 

  

 

Parteienbündnissen und Koalitionen kommt also im Vorfeld einer Präsidentschaftswahl eine große Bedeutung zu. Wenn keine Partei die Voraussetzungen erfüllt, aus eigener Kraft einen eigenen CAPRES ins Rennen zu schicken, ist die Auswahl eines CAWAPRES wichtig, um die Unterstützung möglicher Bündnispartner zu gewinnen.

 

Allerdings sind die Parteien oft selbst gerade in personellen Fragen alles andere als einig. Ein Rückblick auf die CAWAPRES seit 2004 macht das deutlich. Yusuf Kalla (Golkar) kandidierte damals erfolgreich auf dem Ticket des Wahlsiegers SBY (Partai Demokrat), obwohl Golkar einen eigenen Präsidentschaftskandidaten (Wiranto) aufgestellt hatte. Bei den Wahlen von 2009 entschied sich der erneut kandidierende Amtsinhaber für einen anderen CAWAPRES. Yusuf Kalla blieb aber im Spiel und wurde CAPRES von Golkar, verlor allerdings die Wahl. 2014 wiederum unterstützte Golkar die Wahl ihres ehemaligen Mitglieds Prabowo Subianto, der inzwischen mit der Gerindra über ein eigenes politisches Vehikel verfügte. Yusuf Kalla (weiterhin Golkar-Mitglied) wurde abermals Vizepräsident, diesmal unter dem Wahlsieger Jokowi.

 

Dieses Beispiel macht deutlich, dass es bei Koalitionen und Parteienbündnissen eigentlich nie um programmatische oder gar ideologische Differenzen oder Gemeinsamkeiten geht. Vor allem halten Wahlbündnisse oft nur dann über den Wahltag hinaus, wenn der unterstützte Kandidat die Wahl gewonnen hat.

 

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Wahlvorbereitung und Wahldurchführung

 

Wahlen benötigen in Indonesien einen sehr langen Vorlauf. Die Arbeit der nationalen Wahlkomission (KPU) für die kommenden Wahlen begann bereits im August 2017. Verordnungen mussten auf der Grundlage der bestehenden Gesetze neu gefasst werden, die Parteien mussten sich für die Wahlteilnahme registrieren lassen, es musste überprüft werden, welche Parteien die Voraussetzungen für eine Wahlteilnahme erfüllen. Auch die Gliederung und Festsetzung der Wahlbezirke musste schon früh erfolgen. Das gleiche gilt auch für die Erstellung der Wählerverzeichnisse, übrigens auch für die im Ausland lebenden Indonesier, die ebenfalls wahlberechtigt sind, ihre Stimme aber bereits einige Tage vor dem 17. April abgeben.

 

Bereits im März 2018 begann die Aufstellung der Kandidatenlisten durch die Parteien. Bis zum 10. August mussten die CAPRES /CAWAPRES bei der KPU registriert werden.

 

Von den logistischen Herausforderungen, Wahlen auch technisch vorzubereiten, war weiter oben schon die Rede. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass verglichen mit der PILPRES die PILEG besonders kompliziert ist. Das gilt vor allem deshalb, weil Indonesien weiterhin mit offenen Parteilisten arbeitet, bei denen der Wähler die Reihenfolge innerhalb einer Parteiliste beeinflussen kann. Dies macht die Auszählung schwierig und langwierig. Ein Blick auf ein Muster des Stimmzettels der kommenden Parlamentswahlen (Wahlbezirk Jakarta 2) macht das deutlich:

 

Muster der Stimmzettel für die Präsidentschaftswahl und für die Parlamentswahl (dieser Stimmzettel für Jakarta Dapil 2 gilt uch für die im Ausland lebenden Indonesier); Quelle: mit freundlicher Genehmigung von PPLN Berlin / KPU 

 

 

Alle Stimmzettelmuster für alle Wahlbezirke (DAPIL) und für alle Wahlen, die am 17. April 2019 durchgeführt werden, sind bereits jetzt auf der Website der KPU als Muster einzusehen. Wahlberechtigte können außerdem überprüfen, ob sie auf den Wählerlisten stehen.

 

Einen Eindruck von der Situation in Wahllokalen vermitteln Fotos, die bei der Präsidentschaftswahl 2009 in Bengkulu aufgenommen wurden:

 

 

Vorbereitung eines Wahllokales unter Zeltplanen.
Quelle: Manfred Fenner
Vereidigung der Wahlhelfer vor Beginn der Stimmabgabe.
Quelle: Manfred Fenner
Plakat der Wahlkommission über gültige und ungültige Stimmen.
Quelle: Manfred Fenner
Wahltinte, mit der nach der Stimmabgabe ein Finger markiert wird.
Quelle: Manfred Fenner
Kontrolle der leeren Wahlurnen.
Quelle: Manfred Fenner
Stimmauszählung: Jeder einzeln Stimmzettel wird hochgehalten.
Quelle: Manfred Fenner
Die Ergebnisse werden auf einem Plakat protokolliert.
Quelle: Manfred Fenner

 

 

Dieses im Bilderslider angedeutete Prozedere wird auch bei den Wahlen am 17. April 2019 nicht wesentlich anders sein. Allerdings haben Simulationen der KPU ergeben, dass die Wähler auf Grund der Zusammenlegung von PILEG und PILPRES zur Stimmabgabe erheblich längere Zeit benötigen werden.

 

Der zweite Teil des »Wahl-Dossiers Indonesien« erscheint Anfang März im Indonesien Magazin Online. Der Beitrag wird ausgehend von den Wahlen vor fünf Jahren die politische Entwicklung in dieser Zeit thematisieren und darüber informieren, wie sich Parteien und Kandidaten im Hinblick auf den Urnengang im kommenden April positionieren und wie der Wahlkampf bislang abgelaufen ist.

 

 


 

Ausgewählte Quellenhinweise:

 

Das (indonesischsprachige) Portal der KPU enthält ausführliches und detailiertes Datenmaterial über vergangene und kommende Wahlen: Pemilu-KPU

 

Entsprechende Informationen und weiterführende Links sind auch auf der der Website für die in Deutschland lebenden wahlberechtigten Indonesier zu finden: PPLN-Berlin

 

Detaillierte Darstellungen zur kommenden Parlamentswahl findet man auch in der indonesischen Ausgabe der Wikipedia und zur kommenden Präsidentschaftswahl unter indonesische Ausgabe Wikipedia-Presiden-2019

 

Aktuelle Berichterstattung findet man in verschiedenen Online-Medien der indonesischen Presse. Ein Beispiel sind die Berichte unter dem Tag "Rumah Pemilu" von KOMPAS und der entsprechende Tag der englischsprachigen Jakarta Post.

 

Folgendes Video für die indonesischen Wähler illustriert sehr gut die Komplexität der Wahlen mit fünf verschiedenen Stimmzetteln: Komplexität-Wahlen

 

 

 

Kategorie: Politik & Gesellschaft